Tinker 01

TINKER01

Tinker erwacht

Dunkel. Buzzbuzz.
Riecht wie… nein. Ist es das? Es ist… Sein Handy, das dringlich um seine Aufmerksamkeit vibriert,. Wer da? Er kann sich kaum erinnern… aber es kommt zurück:
“Was?”
“Tinker?” Die blecherne Stimme klingt vage vertraut.
“Ya…”
“Geh ins IRC.”
Klick.
Tinker, der versucht, seine Augen offen zu halten, beginnt verzweifelt nach Informationen zu suchen. Es ist dunkel – draußen, drinnen ist es 2:30 Uhr morgens. Unbekannter Anrufer (sagt sein Handy). Sagt ihm, er solle ins IRC gehen. Der Kopf schmerzt. Geruch von kaltem Schweiß (jetzt weg – wahrscheinlich hat man sich daran gewöhnt, riecht ihn nicht mehr). Der Körper mag es nicht, mitten in der Nacht geweckt zu werden. Der Verstand denkt immer noch über das gleiche Thema nach. Das Handy… ja: Die Stimme klang wie…
Er taumelt zu seiner Workstation, die leise vor sich hin summt, öffnet IRC, pingt
Tinker: Loppe, wazzup?
Loppe: Chatter.
Tinker: bout?
Loppe: u
Tinker: lolz
Loppe: srz. Jemandem gefällt deine Arbeit nicht
Tinker: ?
Loppe: schau raus
Tinker taumelt zum Fenster und schaut auf den Parkplatz 10 Stockwerke tiefer. Nichts seltsames dort unten: nur das übliche Durcheinander von alten Autos, stillgelegten alten Autos und fehlplatzierten Müllcontainern, die im Natriumlicht dahinvegetieren. Es muss geregnet haben, etwas nasses Glitzern war zu sehen. Tinker war bereit, umzukehren und Loppe dafür zu schelten, dass er ihn mitten in der Nacht mit irgendeinem paranoiden Blödsinn darüber geweckt hatte, wer sich verdammt noch mal für meine Arbeit interessiere, niemand interessiere sich für… als er im Augenwinkel eine Bewegung bemerkte. Er brauchte einen Moment, um sich zu konzentrieren, aber dann sah er es: ein schwarzer Lieferwagen, neueren Datums, der langsam im Leerlauf auf den Parkplatz rollte und anhielt.
Tinker beobachtet: vier Gestalten, die hinten herausspringen. Haar bedeckt, wie es scheint. Eine trägt eine Kiste.

Tinker ist wach, schaltet Link an seinem Arbeitsplatz ein, schnappt sich eine Tasche.
„Kannst Du mich hören?”
Loppe: Ja.
“Wenn sie Schlüssel haben, habe ich 4 Minuten.”
Tinker zieht Laufwerke, steckt sie in die Tasche, hat immer ein Auge auf den IRC
Loppe: Sie haben Schlüssel.
“Paranoider Wichser.”
Loppe: Die Überwachungskamera unten sagt, sie haben Schlüssel.
“Du hast Recht. Du hattest die ganze Zeit recht.”
Loppe: Paranoid zu sein, schließt nicht die Möglichkeit aus, dass sie doch hinter dir her sind.
“Sind sie drinnen?”
Loppe: Ja.
Tinker schaltet das Licht ein, grelles LED-Licht durchflutet seine Hackerhöhle in der Einzimmerwohnung: ein Raum mit einem Labortisch, Monitoren auf Kisten und Tischen und Dingen, die ihn wie eine Wohnung aussehen lassen: Bett, Stuhl, Kühlschrank. Tinker begutachtet die ganze Einrichtung, schnappt sich eine Handvoll Petrischalen und wendet sich einem kleinen Laptop zu, der auf einem Papierstapel balanciert.
“Ich werde die Server abschalten, aber den kleinen laufen lassen. So kannst Du dir die Show ansehen und mir hinterher davon erzählen.“
Tinker fährt die Workstation herunter. Die großen Monitore flackern und werden dunkel. Tinker wendet sich wieder dem Laptop zu: dunkler Bildschirm, aber Kamera und Mikro aktiv, hält wieder die Petrischalen hoch:
“Das sind Codes, vergiss das nicht. Alles, was ihr wissen müsst, steht auf ihnen, falls ihr es jemals wissen müsst. Die nehme ich mit. Sie müssen innerhalb einer Stunde zurück in den Kühlschrank. Ich gehe jetzt runter und sage so schnell wie möglich Hallo. Over and out.”
Er löscht das Licht und verschwindet aus der Tür.
Loppe beobachtet die Dunkelheit.